Fragen und Antworten zur Resolution 2334 des UN-Sicherheitsrates

Originalartikel:  Questions and answers about UN Security Resolution 2334

von Vic Rosenthal, veröffentlicht am 26. Dezember 2016

Cartoon, gepostet von Mahmoud Abbas' Fatah-Partei. Diese bedankt sich bei den 14 Nationen, die für die Resolution 2334 gestimmt haben.

Cartoon, gepostet von Mahmoud Abbas‘ Fatah-Partei. Diese bedankt sich bei den 14 Nationen, die für die Resolution 2334 gestimmt haben. Screenshot: http://abuyehuda.com/2016/12/questions-and-answers-about-un-security-council-resolution-2334/

Am Freitag, den 23. Dezember 2016, hat der UN-Sicherheitsrat die Resolution 2334 mit einem Votum von 14 Ja-Stimmen und einer Enthaltung der USA verabschiedet.

Was beinhaltet die Resolution? Viele Dinge (der vollständige Text ist hier), aber einige der wichtigsten sind:

  • Die Erklärung, die Errichtung von Siedlungen jenseits der Grünen Linie (Ost- Jerusalem inklusive) habe „keine Rechtsgültigkeit und konstituiert eine eklatante Verletzung des Völkerrechts und ein großes Hindernis für die Verwirklichung der Zwei-Staaten-Lösung und eines gerechten, dauerhaften und umfassenden Friedens“ und die Forderung, Israel solle „alle Siedlungsaktivitäten im besetzten palästinensischen Gebiet einschließlich Ost-Jerusalem beenden.“
  • Die Verurteilung von Bestrebungen, die „demographische Zusammensetzung, den Charakter und den Status des seit 1967 besetzten palästinensischen Territoriums zu verändern.“
  • Die Erklärung, dass die Vereinten Nationen keine Veränderungen in den Linien vor 1967 anerkennen werden, mit Ausnahme der von beiden Seiten vereinbarten.
  • Die Forderung an „alle Staaten … in ihren relevanten Geschäft(sabschlüss)en zwischen dem Hoheitsgebiet des Staates Israel und den seit 1967 besetzten Gebieten zu unterscheiden.“
  • Die Verurteilung von Gewalt, Terrorismus, Aufhetzung usw.. (Der Deckmantel, der es den USA ermöglichte, sich bei der eigentlich 100-prozentigen Anti-Israel-Resolution zu enthalten).
  • Der Antrag, dass der UN-Generalsekretär alle drei Monate über den Stand der Umsetzung der Resolution berichtet.

Ist die Resolution verbindlich? Nein. Es ist eine Kapitel VI-Resolution, die als „Empfehlung“ definiert ist. Daher kann die UNO keine Sanktionen gegen Israel wegen der Verletzung ihrer Maßnahmen verhängen. Nur ein Beschluss aus Kapitel VII wäre verbindlich und würde die Einführung von Wirtschaftssanktionen oder sogar die Anwendung militärischer Gewalt ermöglichen.

Das macht Siedlungen illegal, nicht wahr? Nein. Sie behauptet nur, dass sie es sind. Sie bezieht sich auf die Vierte Genfer Konvention (Artikel 49), aber das rechtliche Argument, das auf dieser Grundlage basiert, ist besonders schwach. Eine Diskussion der Grundlage für israelische Souveränität über das ganze Land vom Jordan bis zum Mittelmeer gibt es hier. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Resolution kein internationales Recht schafft, sondern nur die Meinung der Vereinten Nationen zum Ausdruck bringt.

Bedeutet das, dass Israel „palästinensisches Territorium besetzt?“ Nein. Es bedeutet, dass es das ist, was die Vereinten Nationen so nennen wollen. Aber es gibt für Israel nichts dergleichen wie „Palästina“, das zu besetzen wäre, und Erklärungen durch die UN können es nicht dazu machen. Übrigens haben die USA diese Formulierung bisher nie akzeptiert (siehe unten).

Was ist mit den Linien von vor 1967? Die Waffenstillstandsvereinbarungen von 1949, die sie verorteten, besagen ausdrücklich, dass sie nur die Linien sind, die die Standorte der Armeen bei Ende des Beschusses markieren, und sie sind keine Grenzen. Sie haben keine politische Bedeutung. Besonders die Araber bestanden darauf, weil sie sich erhofften, Israel noch weiter zurückzudrängen. Also heißt es in der Resolution, dass die UN keinerlei Veränderung der sowieso bedeutungslosen Linien akzeptieren werden.

Kann sie als Aufforderung zu BDS [Boykott, Deinvestitionen, Sanktionen] ausgelegt werden? Sie wird zweifellos als Rechtfertigung für die EU-Kennzeichnung von Erzeugnissen aus Siedlungen angesehen werden. Es wird inoffizielle oder offizielle Boykotte von Siedlungsprodukten oder auch von israelischen Produkten fördern, von Akademikern, Künstlern, Sportmannschaften und darüber hinaus – auf der Basis der Behauptung, dass Israel das Völkerrecht verletzt. Es besteht kein Zweifel daran, dass sie, obwohl sie keine rechtliche Bedeutung hat, als „legale“ Grundlage für die BDS- Aktivität zitiert werden wird.

Können Israelis auf der Grundlage dieser Resolution vom Internationalen Strafgerichtshof verurteilt werden? Unklar. Der IStGH ist zuständig für Verbrechen, die ein Staatsangehöriger eines „Vertragsstaates“ des Römischen Statuts oder im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates begangen hat. Israel (und die USA und Russland!) haben das Römische Statut nicht akzeptiert. „Palästina“, obwohl kein souveräner Staat, brachte es fertig, dass der Staatsanwalt des IStGH ihn trotzdem als Vertragsstaat akzeptierte. Die Rechtsgültigkeit ist fragwürdig, aber wen interessiert das – in der Phantasiewelt der internationalen Politik?

Der IStGH kann auch Fälle übernehmen, in denen er durch den Sicherheitsrat direkt Kapitel VII untersteht. Das ist bei dieser Resolution nicht der Fall.

Ist die Resolution ausgewogen? Absolut nicht. Sie bekräftigt die öffentliche Position der Palästinenser, das ganze Land jenseits der Grünen Linie gehöre ihnen. Wenn etwas den Ausgang der Verhandlungen zur Voraussetzung hat, dann ist es genau das. Die Haltung Israels in den Verhandlungen ist gewesen, dass es den Palästinensern Land abtreten wird, im Gegenzug für die Anerkennung Israels als Staat des jüdischen Volkes, für die Entmilitarisierung des palästinensischen Staates und ein Ende weiterer Ansprüche (inklusive des „Rückkehrrechts“). Wenn aber das Land von Anfang an als den Palästinensern gehörig anerkannt wird, dann hat Israel kein Recht, im Gegenzug etwas zu fordern.

Aber kritisiert sie nicht auch die Palästinenser? Sie sehen es nicht so. Die Resolution verurteilt „alle Gewaltakte gegen die Zivilbevölkerung, inklusive terroristischer Akte, sowie alle Aktionen der Provokation, Aufhetzung und Zerstörung“. Die offizielle Position der PLO und der Hamas ist jedoch, dass ihr „Terrorismus, ihre Provokation, Aufhetzung und Zerstörung“ in Wirklichkeit keine „Gewalt“ ist, sondern legitimer Widerstand gegen die Besatzung. Israel hat – ihrer Ansicht nach – an allem vorstehend Genannten Schuld.

Fördert sie den Terrorismus? Schauen Sie sich die Karikatur, getweeted von der Fatah (der Partei Mahmoud Abbas‘), am Anfang dieses Artikels an.

Wie steht sie im Verhältnis zu vorherigen Resolutionen und Abkommen? Obwohl sie die Resolutionen 242 und 336 des UN-Sicherheitsrats erwähnt, steht sie durch die Bezugnahme auf „besetztes palästinensisches Land“ im Widerspruch zu ihnen wie auch zum Oslo-Abkommen (die Klausel über die Akzeptanz von Veränderungen in den Linien, die von den Beteiligten ausgehandelt werden, ist ein schwacher Versuch, diese Debatte zu umgehen). Es gibt nirgendwo eine Anerkennung von palästinensischem Eigentum im Völkerrecht, und in der Tat gibt es gute Gründe zu glauben, dass Israel Rechtsansprüche hat.

Inwieweit bedeutet dies eine signifikante Veränderung in der US-Politik? Die USA haben immer darauf bestanden, dass die UN nicht der Ort sind, um über die Themen, die Israel und die Araber trennen, zu entscheiden und dass alle Themen wie die Grenzen, Siedlungen, Jerusalem, Flüchtlinge und andere durch die Vertragspartner entschieden werden müssen. Auch wenn sie behauptet hat, „Siedlungstätigkeit ist illegitim“, hat sie den Ausdruck „illegal“ zuvor nicht verwendet. Und sie [die US-Politik] hat nie die Position eingenommen, dass irgendeines der Gebiete „besetztes palästinensisches Land“ ist.

1994 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat eine Resolution, die das Massenschießen durch Baruch Goldstein in Hebron verurteilte. Hier sind einige der Bemerkungen der US-Botschafterin Madeline Albright:

Die Vereinigten Staaten unterstützen die operativen Paragraphen der Resolution, die der [Sicherheits-]Rat gerade angenommen hat. Wir haben jedoch um eine absatzweise Abstimmung bei dieser Resolution gebeten, weil wir unsere Beanstandungen gegen die dort eingebrachte Sprache festhalten wollten. Wäre diese Sprache in den operativen Paragraphen der Resolution aufgetaucht, lassen Sie es mich klar sagen, hätten wir unser Veto ausgeübt. In der Tat votieren wir heute gegen eine Resolution in der ‚Commission on the Status of Women‘ [UN- Frauenrechtskommission], gerade weil sie impliziert, dass Jerusalem „besetztes palästinensisches Gebiet“ ist.

Wir unterstützen schlichtweg nicht die Bezeichnung der Gebiete, die von Israel im Krieg von 1967 besetzt wurden, als „besetztes palästinensisches Gebiet“. Nach Ansicht meiner Regierung könnte diese Ausdrucksweise als Hinweis auf Souveränität aufgefasst werden, eine Angelegenheit – sowohl Israel als auch die PLO haben zugestimmt -, die in Verhandlungen über den endgültigen Status der Gebiete entschieden werden muss. Wie zwischen ihnen vereinbart, beginnen diese Verhandlungen spätestens zwei Jahre nach Einführung der Grundsatzerklärung.

Wie viel Verantwortung trägt die Obama-Regierung für diese Resolution? Eine palästinensische Delegation traf sich mit Regierungsmitgliedern Anfang dieses Monats, um einen Entwurf der Resolution zu diskutieren, den sie vorstellen wollte. Zu jener Zeit deuteten westliche diplomatische Quellen an, dass die Regierung sich anschließen könnte, wenn einige der Klauseln abgeschwächt würden, was [auch] getan wurde. Die Resolution wurde von Ägypten in einem überraschenden Schritt eingebracht; und nach israelischem Druck und einer Erklärung des gewählten Präsidenten Trump, die Ägypten dazu veranlasste, die Abstimmung zu verschieben, wurde sie von vier anderen nicht dauerhaften Mitgliedern des Sicherheitsrates (Neuseeland, Malaysia, Senegal und Venezuela) wieder eingebracht und schnell verabschiedet.

Ministerpräsident Netanyahu hat in glaubwürdiger Weise die Regierung Obama der „Konspiration“ zur Durchsetzung der Resolution bezichtigt, indem er sagte, sie „hat [die Resolution] initiiert, hat hinter ihr gestanden, hat sie auf den Wortlaut abgestimmt und gefordert, dass sie verabschiedet würde“, auch wenn die Regierung das abstreitet. Israelische Quellen behaupten, dass Joe Biden den Präsidenten der Ukraine angerufen und ihn veranlasst habe, dafür zu stimmen.

Zwar haben sich die USA in der Vergangenheit bei anti-israelischen Resolutionen enthalten und bei einigen sogar bejahend votiert. Beispielsweise stimmte die Carter-Regierung 1980 für die Resolution 465 des UN-Sicherheitsrates, die einige ähnliche Ausdrucksweisen aufwies wie die vorliegende Resolution (auch wenn Präsident Carter behauptete, die Abstimmung sei ein unbeabsichtigtes „Foul-up“* gewesen). Die meisten dieser Resolutionen verurteilten bestimmte Aktionen Israels, wie die Entführung Adolf Eichmanns im Jahr 1960 oder die Bombardierung des irakischen Atomreaktors 1981. Doch im heutigen Klima der Schmähungen, des Hasses und der Drohungen gegen Israel durch so viele Akteure an so vielen verschiedenen Standorten ist die Unterstützung der USA für Israel im Sicherheitsrat wichtiger geworden. Obamas Aktion wird daher als eine ernsthafte Rücknahme der Unterstützung wahrgenommen.

Ist es wichtig, dass die USA sich der Stimme enthalten haben anstatt für die Resolution zu stimmen? Nach der Abstimmung sagte Botschafterin Samantha Power (ausführlich), dass sie sich – anstatt für die Resolution zu stimmen – wegen der bekannten Anti-Israel-Voreingenommenheit der UN enthalten habe und weil „sie [die Resolution] zu sehr auf die Siedlungen fokussiert war“ und dem palästinensischen Terrorismus nicht genügend Gewicht gegeben habe. Sie wies darauf hin, dass sie ihr Veto gebraucht hätte, wenn die Resolution nicht das enthalten hätte, was ich die Bereitstellung des „Vorwands“ nannte, der den Terrorismus und die Hetze verurteilt.

Tatsache ist, dass die Stimmenthaltung und die lange, relativ Israel-freundliche Rede von Frau Power absolut Null Auswirkungen auf die Konsequenzen dieser Resolution haben wird. Die Rede wird vergessen werden, aber der Inhalt der Resolution nicht.

Konkret: Wie schlimm ist das für Israel? Sie [die Resolution] scheint keine unmittelbaren, direkten Auswirkungen zu haben. Sie hat keine Bedeutung für das Völkerrecht. Sie wird Israel nicht dazu veranlassen, sich aus den Gebieten zurückzuziehen. Sie könnte Israel sogar dazu anspornen, mehr in den Gebieten oder in Jerusalem zu bauen oder auch israelisches Recht auf Teile von Judäa und Samaria auszudehnen.

Aber vielleicht ist sie erst die Eröffnungssalve einer diplomatischen Kampagne, die sich vor dem 20. Januar abspielt. Sie schafft die Voraussetzungen für Nachfolge-Resolutionen nach Kapitel VII, die zu wirklichen Sanktionen gegen Israel oder zur Anklage ihrer Führer durch den Internationalen Strafgerichtshof führen könnten, und die Forderung an den Generalsekretär, alle drei Monate zu berichten, wird noch mehr Anti- Israel-Aktivitäten der UN generieren. Sie könnte genannt werden als Grund für die Verhaftung und Schikane von Israelis im Ausland nach dem Prinzip der „universellen Gerichtsbarkeit“ oder sogar [für] eine Anklage durch den IStGH ohne eine Resolution nach Kapitel VII. Sie wird zur Rechtfertigung von Boykotten oder gar Terrorismus verwendet werden.

Und – vielleicht auf kurze Sicht am wichtigsten – zu einer Zeit, in der weltweiter Hass und Bedrohungen gegen das jüdische Volk und den „Juden unter den Nationen“ größer ist als jemals zuvor, wird sie die Feinde Israels ermutigen, die sie als Zeichen nehmen, dass die internationale Gemeinschaft, die USA inklusive, hinter ihnen steht.

*foul-up: Könnte man mit Fehler, Patzer, Schlamassel übersetzen

Übersetzung: faehrtensuche

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